Montag, 3.10.2022: Im Gewühl von Dakha

Wir konnten etwas Schlaf nachholen und sind dann bereit für die Erkundung des Zentrums. Dhaka ist eine der Megacities der Welt, 22 Mio. Einwohner leben auf gut 300km2, da kommt man sich durchaus näher! Wer also nach der distanzierten Corona-Zeit wieder mal persönliche Kontakte geniessen will, ist hier genau richtig. Genauso hautnah erlebt man die Stadt im Strassenverkehr, zwischendurch bewegt sich unser Kleinbus mit bis zu 15 km/h, meistens aber stehen wir still und kommunizieren nonverbal mit den Rikschafahrern links und rechts. Unsere Bengali-Kenntnisse sind eher limitiert, andererseits sprechen die Leute auf der Strasse kaum Englisch. Das hätte bislang auch nicht viel genützt, denn auch zu den besten Zeiten vor Corona kamen kaum mehr als ein paar tausend Touristen pro Jahr ins Land. Im Moment dürften wir mehr oder weniger die einzigen Fremdlinge sind, die nicht für Geschäftsaktivitäten ins Land gekommen sind.

Während unserer Fahrt (7km / 1.5 Stunden) beginnt es fast unvermittelt wie aus Kübeln zu regnen. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und das Schirmbeschaffungsprojekt wird von Priorität 1 auf Prio 2 zurückgestuft. Dafür sind die Nebenstrassen ziemlich matschig geworden. Hosen hochrädeln und hinein in den Kampf! Wir lassen uns im Strom der Menge durch den Kawran Bazar treiben, ein Markt, auf dem vor allem die Kleinhändler ihren Bedarf eindecken. Wenn man von der Strasse absieht, auf die der ganze (vor allem organische) Abfall hinausgeschmissen wird, ist der Markt ziemlich sauber und geordnet. Es hat von allem viel: Früchte, Gemüse, Menschen, Gerüche, Farben, Licht, Schatten usw., schlicht eine Sensation der Eindrücke. So vergeht die Zeit wie im Flug und kurz vor dem nächsten Regen erreichen wir ein Restaurant im zweiten Stock mit hervorragender Aussicht auf das Marktgetümmel. Kernelement dieser und aller anderen Mahlzeiten ist Reis, weil es hier immer Reis gibt: am Morgen, am Mittag und am Abend.

Danach folgt gleich wieder ein Festival der Sinne. Wir besuchen einen Hindu-Tempel am Rande der Altstadt, wo das 5-tägige Fest zu Ehren der Göttin Purga gefeiert wird. Nochmals bunter als im Rest der Stadt ist es hier, denn alle Besucher haben sich für dieses hohe Fest in ihre besten Kleider gestürzt. Und natürlich ist es laut, fröhlich und überdies ausgesprochen friedlich. Wir können uns kaum mehr aus der Tempelanlage lösen, alle wollen unbedingt ein Selfie mit uns machen: allein, mit den Kindern, den Eltern, der Frau und dann nochmals alle zusammen. Hintendran stehen schon die nächsten für den Fototermin an. Mit List und Tücke entfliehen wir schliesslich dem nicht abbrechen wollenden Andrang und fahren ein Stück weiter bis zur Curzon Hall, benannt nach dem früheren englischen Vizekönig Lord Curzon. Heute ist in dieser grossen Gebäudekomplex Teil des Universitätscampus. Die technischen Fakultäten sind hier untergebracht.

Wir fahren nach dieser kurzen Ruhepause nochmals ein Stück weiter Richtung Buriganga-Fluss. Durch enge Altstadt-Gassen kämpfen wir uns durch ein Hindu-Quartier, wo es genauso so farbig und laut ist wie im Tempel. Immer wieder kommen wir unter mitten in der Gasse aufgebauten Podesten durch, wo der Göttin Purga Opfergaben gebracht werden. Genauso wichtig wie Kerzen, Blumen, Reis und Bananen ist die Musik, die wohl die meisten europäischen Ohren als Lärm bezeichnen würden.

Schliesslich kommen wir am Ende der Gasse zum Flusshafen Sadarghat, dem offensichtlich grössten Flusshafen der Welt. Es wird auch behauptet, dass er auch der dreckigste sei, aber so ganz nachvollziehen können wir das aus unserer Beobachtung nicht unbedingt. Fraglos ist ein ausgesprochen lebhafter Ort, der neben den Docks für die Fähren in alle Richtungen auch Anlegestelle für die Ruderboote ist, die als Taxiboote zur anderen Flussseite dienen. Wir beziehen unsere saubere, aber auch ausgesprochen enge Kabine im zweiten Stock unseres Schiffes, das uns in der folgenden Nacht nach Barisal bringen wird. Die Nacht ist warm, stickig und laut. Die lokalen Mitpassagiere brauchen offensichtlich ausgesprochen wenig Schlaf. Irgendwann nach Mitternacht wird es dann etwas ruhiger, sodass auch unsere Äuglein langsam zufallen. Draussen regnet es in Strömen, aber nachts ist das schon ok.

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