Frühmorgens ist die gute Göttergattin noch unpässlich: die Höhe setzt ihr etwas zu. So mache ich mich mit unserem Guide Tse-Ting allein auf den Weg zum Kloster Labrang. Eigentlich ist dieses seit neustem ab 08:00 nur für Tibeter und ab 09.00 auch für Chinesen und Mongolen offen. Erst ab 10:00 dürfen Langnasen hinein. Tse-Ting handelt allerdings irgendeinen Spezialdeal aus und so müssen wir nicht bis 10:00 warten. Westliche Touristen hat es sowieso keine hier, beide Tage sehen wir keinen einzigen Europäer oder Amerikaner. Nicht dass wir das besonders schlimm finden würden. Wir hängen uns an eine chinesische Gruppe an, die von einem Mönch zu einzelnen Highlights der riesigen Klosteranlage geführt wird. Damit ist sichergestellt, dass ich kein Wort verstehe, denn das Englisch unseres Guides ist trotz mehreren Jahren Englisch-Studium an der Universität auf einem ausgesprochen bescheidenen Level. Die wichtigen Informationen kann man ja im Reiseführer nachlesen und was letztlich vielmehr zählt, ist der Eindruck. Dieser ist überwältigend, die klaren Farben der Gebäude, das Gemurmel der Gläubigen und der leicht beissende Geruch von verbranntem Reisig und Jakbutter-Kerzen ergeben ein wahrhaft mystisches Eindrucksbild. Fotografieren ist im Innern der Gebäude nicht erlaubt, sodass es nur ausnahmsweise mal ein Bild gibt, wenn der Finger ausgerutscht ist.
Nach der Klosterbesichtigung holen wir Yvonne im Hotel ab, in der Zwischenzeit ist sie wieder einigermassen bei den Leuten. Wir passieren weite, grüne Flächen, auf denen Yaks und Schafe weiden, überqueren einen Pass auf fast 4000m und kommen danach weiter unten durch ein Tal, in dem viel Gemüse angebaut wird. In Guashizexiang (muss man weder aussprechen können noch sich merken) kaufen wir Joghurt ein, das man unbedingt probieren müsse, weil es tibetanische Weltklasse sei (es schmeckt tatsächlich sehr gut). Bei einem extrem farbenfrohen, neu erstellten Chörten (Stupa) in Wutunxiahuangcun (cooler Name!) legen wir einen eigentlich nur kurz geplanten Fotostop ein. Dann werden wir aber motiviert, doch auch das dahinter liegende alte Kloster zu besuchen. Wir bekommen durch einen der Mönche eine Privattour durch die schöne Anlage mit vielen Buddhas, Bildern, Teppichen und vielen anderen Kunst- und Dekorationsgegegenständen. Nach einer Nudelsuppenpause besichtigen wir als letztes noch das Longwu-Kloster von Tongren, das vor allem wegen seine Malereien berühmt ist.