Heute haben wir eine lange Fahrt vor uns, weshalb bei unserem Aufbruch die Sonnenstrahlen noch nicht ins Tal kommen. Die Strasse ist ganz vernünftig ausgebaut und so kommen wir recht zügig voran. Stetig steigen wir höher, der höchste Punkt des heutigen Tages ist der Babusar-Pass auf 4173 m.ü.M. Wir steigen zwar aus, aber auch ziemlich schnell wieder ein. Ein feiner Graupelschauer begleitet von einem zügigen Wind machen den Aufenthalt im Freien unangenehm. Wegen den schnell aufgezogenen Wolken ist auch die Aussicht nicht besonders toll, die hohen Berge sind mehrheitlich verhüllt. Den Nanga Parbat verpassen wir für’s Erste und später auch den Rakaposhi. A propos hoch: alles unter 7000 Metern sind hier eigentlich nur noch Hügel, noch kleinere sind Baby Hills. Auf dem Weg Richtung Chilas wird das Wetter bald wieder besser und wir geniessen die Fahrt durch die wild zerklüftete Landschaft. Bäche werden gar nicht erst kanalisiert, sie fliessen einfach über die Strasse. An einigen Stellen durchqueren wir Schuttkegel von gewaltigen Steinlawinen, nur noch eine Spur ist aus dem Schutt herausgebaggert worden. Der letzte dieser Murniedergänge war erst gerade vor drei Wochen.
Dann biegen wir auf den Karakorum Highway ein, die neuzeitliche Variante der alten Seidenstrasse. Gebaut wurde die heutige Strasse zwischen 1958 und 1978 unter schwierigsten Bedingungen. Vorher war die Verbindung nur eine schmale Schotterpiste, im Mittelalter war die Seidenstrasse sogar nur ein gefährlicher Trampelpfad, der als Handelsroute zwischen China und Europa diente. Aktuell wird der Karakorum Highway zwischen Chilas und Gilgit etwas höher verlegt, das heutige Trassee wird ab 2030 von einem neuen, riesigen Stausee überflutet werden.
Gefahren wird generell, wie wenn es kein morgen gäbe. Vor allem die Linienbusse liefern sich haarsträubende Überholduelle, wie wenn es um Leben und Tod ginge. Wir passieren unzählige Checkpoints, werden aber kaum einmal angehalten. Nur bei der Abfahrt vom Pass werden unsere Reifen und Bremsen inspiziert. Bei diversen Fahrzeugen auf der Strasse ist dies sicher keine schlechte Sicherheitsmassnahme. Beim Eindunkeln treffen wir schliesslich in Karimabad im Hunza-Tal ein. Nach 11 Stunden sind wir nicht unglücklich, dass das Tagesziel geschafft ist. Obwohl wir auf knapp 2300 m.ü.M. sind die Temperaturen recht angenehm, ausserdem ist unser Hotelzimmer geheizt, was gegenüber gestern schon ein beträchtlicher Fortschritt ist.