Samstag, 8.10.2022: Die letzten Otterfischer

Unser heutiges Ziel ist das kleine Dorf Gobra, rund 40km westlich von Jessore. Auf der recht schmalen Strasse herrscht wie überall das südasiatische Strassenverkehrsrecht: der Stärkere hat Vortritt. Im Allgemeinen geht das gut, aber immer wieder wird es eng, wenn z.B. zwei sich überholende Rikschas ihrerseits von einem LKW überholt werden und dieser noch einem entgegenkommenden Bus ausweichen muss. So leuchtet es ein, dass die Strasse für eine Verbreiterung vorbereitet wird und dazu die Bäume am Strassenrand nach und nach den Sägen und Äxten zum Opfer fällt. Alles in Handarbeit, versteht sich. In der Mitte unseres Weg machen wir einen Chai-Stop und besichtigen noch kurz eine der vielen Ziegeleien, die allerdings nach der Monsunpause erst in einem Monat den Betrieb wieder aufnehmen wird.

Der Reis von den unzähligen Feldern wird bis zu 3 Mal pro Jahr geerntet, es gibt auch noch weitere Nutzungsvarianten, bei denen zwischendurch entweder Fischzucht oder Gemüseanbau betrieben wird. Das Wasser in den Feldern wird ausserdem genutzt, um die Fasern aus den Pflanzenstängeln für die Juteherstellung herauszulösen. Entlang der Strassen hängen danach vielerorts die Faser an Holzgestellen zum Trocknen. Die Weiterverarbeitung erfolgt dann in den grossen Fabriken der Gegend.

In Gobra lassen wir den Bus auf der Hauptstrasse zurück und gehen zu Fuss auf den schmalen Wegen durch das Fischerdorf. Die Bewohner drängen sich förmlich für Fotos auf, dafür sind die Selfie-Attacken etwas weniger häufig als in grösseren Ortschaften. Schon aus der Distanz hört man das schrille Quieken der Fischotter. Sie werden von den Fischern dazu eingesetzt, um die Fische in die vom Boot aus heruntergelassenen Netze zu treiben. Damit sie nicht ausbüxen, sind sie an langen Schnüren in Zweier- oder Dreiergruppen angebunden. Wir begleiten die Fischer auf dem Fluss, allerdings ist dies nur eine Demonstration, denn gefischt wird eigentlich ausschliesslich während der Nacht. Dann gehen zwar die Fische ins Netz, touristisch hat diese Zeit aber wenig Potenzial. So kommt es denn auch, dass unsere Fischer mehr oder weniger nichts im Netz finden, eindrücklich ist das Erlebnis aber so oder so. Die grosse Show kommt ganz zuletzt, als die Otter für ihre Arbeit mit (früher gefangenen) Fischen belohnt werden. Es ist anzunehmen, dass über kurz oder lang diese Art der Fischerei produktiveren Methoden zum Opfer fallen wird. Über lange Zeit war sie vor allem in Asien weit verbreitet, heute gibt es sie nur noch an ganz wenigen Orten in Bangladesh.

Auf der anderen Seite des Bootes zieht zur Abrundung der Show ein Ganges-Delphin ruhig seine Runden, zwischendurch taucht er zum Luftholen für 2-3 Sekunden auf. Bis der Fotograf reagieren kann, ist er meist schon wieder abgetaucht. Angesichts der grossen Hitze und Luftfeuchtigkeit wäre eigentlich auch für uns ein Bad im Fluss willkommen, wir lassen es aber bleiben und schwitzen tapfer vor uns hin.

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