Dass der heutige Tag anders wird, sieht man nur schon am Auto, das für uns bereitsteht. Mit einem Geländewagen fahren wir auf einer ganz vernünftigen Strasse mit weniger Schlaglöchern als Asphalt Richtung Muang La. Unterwegs laden wir zuerst einen lokalen Guide ein und später decken wir uns auf einem Markt mit Mitbringseln ein für die Kinder der Dörfer, die wir heute besuchen. Das Entscheidungsdilemma besteht zwischen Schulheften und Schreibstiften einerseits oder Süssigkeiten andrerseits. Da es hier mehr Lehrer als Zahnärzte gibt, entscheiden wir uns für ersteres. Nach der Brücke in Muang La verlassen wir bald die Hauptstrasse. Man hat uns eingeschärft, jetzt die Sicherheitsgurten anzuziehen, weil es steil und holprig werde. So dramatisch ist es dann doch wieder nicht, aber natürlich machen wir als disziplinierte Leute, was man uns befiehlt. Noch ist es neblig, weshalb der Weitblick eher ein Nahblick ist. Nach ein paar tausend Kurven haben wir dann aber die Nebelobergrenze erreicht und eine atemberaubende Sicht auf die umliegenden, dicht bewaldeten Berge eröffnet sich. Gemäss Guide sind wir nun auf ungefähr 2’000 m.ü.M., das GPS schlägt eher 1’000 vor.
So oder so kommen wir nach etwa eineinhalb Stunden zu einem ersten Dorf, wo Angehörige der Khmu-Minderheit leben. Die herbeispringenden Kinder werden triagiert in Schüler und Nicht-Schüler. Die einen bekommen Hefte und Stifte, die anderen Ballone. Aber eigentlich wollen alle nur Ballone, sodass deren Vorrat deutlich schneller abnimmt als der Bestand an Schreibmaterial. Wir werden eingeladen, ein Haus zu besuchen, wo sich die ganze 3-Generationen-Familie ziemlich nahe kommt. Sie lebt in zwei Räumen: einem Vorrats- und Küchenraum und einem Wohn- und Schlafraum. Schweine, Hühner, Enten und Hunde leben in einer friedlichen Mischung miteinander. Die Leute besitzen nicht viel, aber sie scheinen damit zufrieden zu sein. Und solange keiner mit dem grossen Mercedes vorfährt, dürfte das auch noch eine Weile so bleiben. Interessant scheint uns einzig, dass der Kauf von Schulheften als finanzielle Belastung angesehen wird, aber die rund 700 Einwohner (inkl. Säuglinge) sicher etwa 300 Mobiltelefone besitzen (wobei die Ältesten wie bei uns nicht unbedingt die intensivsten Nutzer sind).
Als nächstes kommen wir zu einem Hmong-Dorf, einer weiteren Volksgruppe. Die Hmong stammen ursprünglich aus dem Tibet und auch sie sprechen ihre eigene Sprache. Da wir längst wieder vergessen haben, was Grüezi und Danke auf Khmu heisst, wissen wir die gleichen Ausdrücke auf Hmong 10m nach der Dorfgrenze ebenfalls nicht mehr. Wir rumpeln weiter den Berg hinauf und kommen zum Innenhof einer Primarschule. Leider ist nichts mit Unterrichtsbesuch, denn es ist ja Samstag. Für uns Touris gibt es ein Sandwich zum z’Mittag, unsere 3 Laoten essen sticky rice, getrocknete Frösche und undefinierbare Vögel.
Anschliessend fahren wir nochmals eine Schottermeile weiter und kommen zu einer grösseren Ikhos-oder Akha-Gemeinde. Hier fällt als erstes auf, dass die Häuser mehrheitlich gemauert sind, was auf einen höheren Lebensstandard hindeutet. Zweitens gibt es oberhalb des Dorfs einen ehemaligen Helikopterlandeplatz, den die Amerikaner im Vietnamkrieg als Versorgungsbasis errichtet hatten. Ganz uneigennützig haben damals die Dorfbewohner die Amerikaner wohl nicht toleriert, was wiederum einer der Gründe für den offensichtlich höheren Wohlstand sein dürfte. Auf dem Heli-Landeplatz werden jetzt die traditionellen Feste gefeiert, keine unvernünftige Umnutzung. Fotografieren ist hier eine grössere Herausforderung als in den anderen beiden Orten. Die Leute sind sehr kamerascheu, bereits die Kinder lernen dies mit der Muttermilch. Ballone und Schulhefte sowie ein 400m-Objektiv sind aber gute Argumente, trotzdem zu ein paar gelungenen Aufnahmen zu kommen.
Auf dem gleichem Schotterweg fahren wir schliesslich zurück ins Tal und erreichen am späten Nachmittag unsere schöne Lodge mit vielen tollen Eindrücken eines intensiven Tages.
One thought on “Samstag , 16.11.24: Khmu, Hmong und Ikho”
Lieber Walti
Deine Schilderungen und die tollen Fotos vom laotischen Bergland wecken starke Erinnerungen an unsere Reise von vor knapp zehn Jahren, mit dem Unterschied, dass es für uns keine Sandwiches gab zum Mittagessen, sondern einen ähnlichen Food wie für den Fahrer und den Guide und dass die Unterkünfte teils eine Zumutung waren …
Wir freuen uns auf weitere spannende Berichte und sind gedanklich ganz bei euch.
Liebe Grüsse auch an Yvonne
Yvonne und Lolo