7.1.2020: Die Living Roots-Brücken

Bei schönstem Wetter und angenehmen Temperaturen fahren wir heute früh auf einer zunehmend holprigen Schotterpiste etwa 600m von der Hochebene in einen tiefen Einschnitt hinunter. Etwa 400m über dem Talboden ist dann die Strasse zu Ende, von nun geht’s zu Fuss bergab. Mit einem jungen, einheimischen Führer geht es auf guten Treppenstufen stetig bergab. Die Göttergattin hat ihre High Tech-Wanderstöcke dabei, der Schreibende verzichtet auf die von den Kindern dutzendfach angebotenen Bambusstöcke. Die Atmosphäre im subtropischen Regenwald ist einzigartig. Unten rauscht ein kleiner Fluss und weit über uns ragen die Felsen senkrecht bis auf die Hochebene hinauf. Unser Guide erklärt viel Interessantes über die Pflanzen des Waldes und deren Nutzung zu Heil- und Nahrungszwecken.

Nach etwa 300 Höhenmetern kommen wir zum ersten Dorf und gleich dahinter zur ersten Wurzelbrücke. Diese ist die längste in diesem Gebiet und schon deshalb extrem spektakulär. Sie wurde erstellt, um den Dorfbewohnern den Weg zum Markt in Cherrapunchji zu ermöglichen. Die Konstruktionsmethode ist wohl weltweit einzigartig: von zwei zu diesem Zweck gepflanzten Gummibäumen werden die Wurzeln mit Bambus- und Betelpalmen-Stangen so gerichtet, dass sie mit der Zeit Basis und Geländer einer natürlichen Brücke über den Fluss werden. Das braucht allerdings seine Zeit. Je nach Länge soll es ca. 50 Jahre dauern, bis eine solche Brücke benutzbar ist. Das heisst letztlich auch, dass die Leute hier sehr langfristig über die eigene Nasenspitze hinaus denken und handeln.

Nach der Traversierung von 2 weiteren (künstlichen) Hängeseilbrücken kommen wir zur berühmten Double Decker Root Bridge. Diese hat gleich zwei Ebenen. Die untere wird zur Monsunzeit offensichtlich immer wieder überflutet, sodass man mit der Zeit aus dem gleichen Baum eine zweite höher oben erstellt hat. Wir erholen uns hier etwas und schauen den Kindern beim Spielen und dem Füttern der unzähligen Fische zu. Etwas weiter bachabwärts haben zwei Frauen Grosswaschtag am Fluss. Waschmaschinen kennt man hier noch nicht. Auch sonst geht es noch sehr einfach zu und her. Die Dorfbewohner haben keine andere Möglichkeit, als zu Fuss bis zur Strasse hinauf zu gehen und alles Lebensnotwendige, das sie nicht aus dem Wald beschaffen können, hierher zu tragen. Die Zufriedenheit der Leute scheint dadurch aber nicht geschmälert zu werden.

Für uns heisst es jetzt, den Aufstieg wieder unter die Füsse zu nehmen und nach etwas eineinhalb Stunden sind wir wieder zurück bei unserem Fahrzeug. Alles in allem sind wir wohl über mehr als 7000 Treppenstufen auf und ab gestiegen. Es zeigt sich wieder einmal: das richtig Gute gibt es nie gratis!

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