26.1.19: Horton Plains

Um 04:00 (!!!) müssen wir aus den Federn und eine halbe Stunde später rumpeln wir bereits den Hügel hinunter. Viel sieht man nicht: es ist dunkel und derart feucht, sodass sich die Autoscheiben aussen und innen laufend beschlagen. So wirklich hat Mac die Ventilation auch nicht im Griff und deshalb verwundert es nicht weiter, dass er knapp unterhalb unseres Bungalow-Hotels den Weg verpasst. Letztlich machen wir eine Wendeübung auf minimaler Fläche und finden dann auch den richtigen Weg. Kurz vor Nuwara Eliya müssen wir das Auto wechseln, denn aus Versicherungsgründen können wir mit unserem Gefährt nicht in den Horton Plains Nationalpark fahren.

Kurz nach Sonnenaufgang kommen wir dann beim Eingang des Parks an, alleine sind wir natürlich nicht. Aktuell ist Peak Season für ausländische Touristen. Nachdem wir die Eintrittstickets erstanden haben und uns der Gepäckkontrolle unterzogen haben (kein Plastik im Park!), zotteln wir los. Die Szenerie im frühen Morgenlicht ist zauberhaft, insbesondere dort, wo die Sonne in die taugetränkten Pflanzen hineinscheint. Zwei Sambar-Hirsche lassen sich beim Aufwärmen in der Morgensonne in keiner Art und Weise stören. Die hügelige Hochebene gilt als ein Super-Biodiversitäts-Hotspot, sie wurde vor knapp zehn Jahren deshalb auch in die Liste des Unesco Weltnaturerbes aufgenommen. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind beträchtlich. Vor kurzem wurden Nachttemperaturen in der Nähe des Nullpunkts gemessen, was dazu führte, dass viele Steppenpflanzen im Frost gefroren und nun eine braun-gelbe Farbe haben. Wir geniessen die ziemlich ebenaus führende Wanderung durch die einzigartige Vegetation in vollen Zügen.

Zuerst machen wir einen Abstecher zum Bakers Fall, einem kleinen Wasserfall mitten im Dschungel. Dann wandern wir weiter zum World‘s End, einem Abgrund von fast 900m Höhe. Die Sicht in die Ferne ist bei unserem Eintreffen trotz der aufsteigenden Wolken gerade noch einigermassen ok. Dieser Vorgang der morgendlichen Bewölkungszunahme wiederholt sich täglich, weshalb auch alle Besucher so früh unterwegs sind. Der Rummel hier ist enorm, man hat das Gefühl, sich in einem chinesischen Zirkus zu befinden. Modetechnisch sieht man dabei mit Ausnahme von Wanderausrüstungen so ziemlich alles, was im Reich der Mitte gerade angesagt ist. Besonders nett sind die Tüllröckchen in rosa, assortiert dazu weisse Turnschühlein. Es erstaunt natürlich nicht, dass wir bei all dem Klamauk ausser ein paar Vögeln keine weiteren Tiere zu sehen bekommen. Ein paar hundert Meter weiter kommen wir zum Small World’s End, wo vor zwei Monaten eine deutsche Touristin bei einem Selfie den Halt verloren hat und die gut 250m hohe senkrechte Felswand hinuntergestürzt ist. Da sie ihre Blödheit tragischerweise mit dem Tod bezahlt hat, braucht es eigentlich keinen weiteren Kommentar mehr. Andrerseits fragt man sich schon, was sich die Leitung des Nationalparks überlegt hat, dass sie an diesen beiden extrem gefährlichen Stelle keinerlei Warnschilder platziert, geschweige denn irgendeine Abschrankung erstellt. Der nächste Unfall dürfte eine Frage der Zeit sein.

Nach einem letzten Streckenteil durch den Bergregenwald kommen wir zurück zu unserem Ausgangspunkt und fahren die lange Strecke zurück zu unserem Bungalow-Kleinsthotel (4 Zimmer). Dieses wurde vor ca. 125 Jahren durch die schottischen Eigentümer der rund um das Anwesen liegenden Plantage erstellt. Es versprüht in jedem Winkel kolonialen Teepflanzer-Charme. Wir geniessen am frühen Nachmittag ein kleines Mittagessen auf der Terrasse und verbringen danach den Nachmittag bei Dolce Far Niente. Auf einem kleinen Spaziergang ins nahegelegene Dorf schliesse ich gleich im Dutzend neue Freundschaften. Alle wollen mit mir sprechen, auch wenn sich meine Singhalesisch-Kenntnisse auf einem eher bescheidenen Niveau bewegen. Hände schütteln und auf einem Erinnerungsbild abgelichtet werden ist aber das Minimalprogramm. Der Mönch Sumedha, der dem kleinen Tempel an der Strassenabzweigung vorsteht, lädt mich auf einen Tee und Süssigkeiten ein. Mit sichtlichem Stolz erzählt er mir von Reisen in den Oman, nach Thailand und nach Korea und ermuntert mich, doch bald mit der Meditation zu beginnen. Das sei gut für Geist und Seele.

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