Peru - Bolivien - Chile 2017

Samstag, 28.10.2017: Zürich - Madrid - Lima

 

Nach den üblichen Schlussspurt-Aktivitäten geht es heute zu früher Stunde Richtung Flughafen Zürich. Nach einigem Hin und Her bei der Gepäckaufgabe sind die Zeitreserven bald aufgebraucht, aber schliesslich sitzen wir zur Zeit im Flugzeug. Das nützt insofern wenig, denn danach ist Warten angesagt: das Enteisen dauert, dann ist der Slot weg, aber irgendwann kommen wir dann auf der Piste 32 doch noch in die Luft.

Das nächste Mal warten wir in Madrid: wegen “aircraft maintenance” ist der Flug neu auf 14:20 angesetzt, was 1:30 Stunden Verspätung bedeutet. Selbstverständlich lassen wir uns die Laune nicht verderben, schliesslich müssen wir heute nur noch bis Lima, wo wir das erste Mal übernachten. Und die Iberia-Lounge ist ein akzeptabler Ort zum Warten. Schliesslich landen wir dann nach 11 Stunden Flug um 19:15 wohlbehalten in der 10 Millionen-Stadt Lima, wo wir ziemlich schnell in unserem gemütlichen Hotel ankommen.

Sonntag, 29.10.2017: Arequipa

 

Pünktlich wie selten sind wir um 06:15 nach einer erholsamen Nacht bereit für die Weiterreise. Wir bekommen noch einen Kaffee auf den Weg und fahren dann durch die ziemlich leeren Strassen zum Flughafen. Dort sind unsere Bordkarten und die Gepäcktags schon bereit. Einzig die Diskussion bei der Gepäckabgabe, ob man für 2kg Übergepäck 25 Dollar zahlen soll, hält uns auf. Diese 2kg ins Handgepäck zu transferieren, ist aber offensichtlich völlig egal. Dass der Flieger damit kein Gramm leichter wird, entgeht der Logik der guten Schalterdame.

Zur planmässigen Zeit landen wir auf dem Flughafen von Arequipa, wo wir von unserer lokalen Führerin Sidney und Eduardo, dem Fahrer abgeholt werden. Wir fahren zuerst zum Mirador de Carmen Alta, von wo aus man Aussicht auf zwei der drei Vulkane hat, die Arequipa umgeben. Wir erhalten eine kleine Einführung in die lokale Früchte- und Gemüsewelt inkl. eine detaillierte Erläuterung über die Anwendungsformen und Wirkung von Coca-Blättern. Wir erstehen zwei Beutel unterschiedlicher Coca-Bonbons und sind gespannt auf deren Wirkung. Bislang (Stand Sonntag Abend) ist noch nicht viel zu spüren. Danach machen wir einen Spaziergang durch einige Gassen in Yanahuara, der Nachbarstadt von Arequipa.

Weiter geht es mit dem Auto zur Innenstadt. In einem kleinen, gemütlichen Restaurant machen wir eine Mittagspause. Gerade als das Essen serviert wird, kommt auf der Gasse vor der Beiz eine Prozession mit lärmiger Musik vorbei. Der mitgeführte Altar scheint sehr schwer zu sein, sodass ca. alle 100m für die Träger eine Pause eingelegt wird, per Glockenschlag durch den Zeremonienmeister eingeläutet.

Zu Fuss gehen wir ein paar Meter hinunter zur Plaza de Armas, dem Hauptplatz der Stadt. Er ist auf drei Seiten durch zweistöckige Kolonialbauten gesäumt, die alle aus dem weissen Tuffstein gebaut sind. Auf der vierten steht die ebenfalls weisse Kathedrale, die die ganze Seite der Plaza einnimmt (einzigartig in Peru). Da es Sonntag ist, sind die Kirchen geschlossen. Warum dies so ist, erschliesst sich uns nicht wirklich. So besichtigen wir die schönen Bauten halt nur von aussen, besonders die Fassaden an den Kirchenportalen sind sehr prunkvoll. Neben der Iglesia de Compañia (geschlossen, weil Sonntag) drehen wir eine Runde im eindrücklichen Kreuzgang der Claustros de la Compañia, der grösstenteils für Verkaufsläden umgenutzt wurde.

Höhepunkt unseres Stadtrundgangs ist zweifellos das Kloster Santa Catalina. Dieses in einem Teilbereich immer noch aktive Nonnenkloster wurde im Mittelalter bald nach der Gründung der Stadt durch die Spanier gebaut. Es stellte zunehmend eine eigentliche Stadt in der Stadt dar. Die Nonnen stammten alle aus reichen Familien, die beim Eintritt ihrer Töchter ins Kloster eine saftige “Mitgift” in Form von 2400 Silbertalern zu entrichten hatten. Die Nonnen durften zwar das Kloster nicht mehr verlassen, konnten dafür aber je nach Vermögenslage ihrer Familie eigene Häuser bauen resp. kaufen und sich Dienerinnen und selbst Sklavinnen halten. Die Anlage ist extrem weitläufig und beeindruckt insbesondere durch die bunten Mauern in orange, blau und weiss.

Zum Abschluss des Tages geht es nochmals zurück zur Plaza de Armas, wo das Licht in der Zwischenzeit schön warm geworden ist. Es hat noch viel mehr Leute als am Nachmittag, möglicherweise warten viele von ihnen auf den Start eines Rally’s durch die Anden, das offensichtlich noch heute Sonntag von der Plaza aus startet. Im Gang eines Gebäudes am Rand der Plaza erhalten diverse “Chicas” in Ultra-Highheels ein kleines Catwalk-Training. Es scheint, dass noch weitere Übungen notwendig sein werden. Zu Fuss erreichen wir schliesslich in ca. 15’ unser Hotel, vor dem gerade die halbe Bevölkerung von Arequipa aus dem Freizeitpark strömt.

Montag, 30.10.2017: Arequipa - Chivay

 

Heute geht es buchstäblich rauf und runter. Zunächst wälzen wir uns durch den zähflüssigen Montagmorgen-Verkehr von Arequipa (2300m) und als dies geschafft ist, fahren wir im Schritttempo hinter diversen Lastwagen den ersten Anstieg hinauf. Nach einem riesigen Zementwerk läuft es dann besser und stetig geht es bergauf. Nach rund zwei Stunden haben wir ein erstes Plateau auf etwa 3500m erreicht. Bald sehen wir am Strassenrand die ersten Vicuñas. Grundsätzlich unterscheidet man 4 Sorten kamelartige Tiere in Südamerika. Die wilden Vicuñas und Guanakos sowie die domestizierten Alpakas und Lamas, die je aus den ersten zwei Sorten entstanden sind. Es ist erstaunlich, wie diese Tiere in dieser unwirtlichen, kargen Landschaft mit nur wenigen Grasbüscheln überleben können.

Nach einem Halt für einen Inkatee bei einer grösseren Strassengabelung auf ca. 4000m geht es weiter bergauf. Unterwegs treffen wir nun immer wieder auf Alpaka- und Lamaherden, meist in der Nähe der spärlich vorhandenen Wasserläufe und kleinen Tümpel. Schliesslich erreichen wir den Patapampa-Pass, der mit gut 4900m einer der höchsten in Peru ist. Auch wenn der Aussichtspunkt Mirador de los Volcanos heisst, ist die Aussicht eher bescheiden. Umso spektakulärer ist der Blick danach auf den Anfang des Colcatals und den Marktort Chivay. Steil geht es jetzt hinunter bis auf 3600m. In Chivay besuchen wir nach dem Mittagessen den quirligen, farbigen Markt. Faszinierend sind vor allem die farbenfrohen Kleider der Frauen, die zum Teil mehrere Röcke übereinander tragen, je nach individuellem Wärmebedarf.

Dienstag, 31.10.2017: Colca-Tal

 

Es gibt heute wieder eine ziemlich frühe Tagwache, die Kondore im Colca-Canyon nehmen keine Rücksicht auf müde Touris. Kurz vor der Abfahrt entdecken wir auch noch einen der berühmten peruanischen Riesenkolibris, der zu früher Stunde von Blüte zu Blüte schwirrt. Von unserem Hotel dauert die Fahrt nur etwa 45‘, ein paar Fotostops inklusive. Beim Cruz del Condor herrscht schon ein ziemliches Touristengedränge. Dass wir dort nicht allein sein werden, wussten wir natürlich schon längst. Noch tut sich gar nichts, die Thermik hat noch nicht richtig eingesetzt. Um 08:15 sehen wir recht weit unten ein erstes Jungtier und bald danach kommt der grosse Vorbeiflug eines erwachsenen Weibchens. Es segelt majestätisch im Aufwind, wir können während längster Zeit keinen einzigen Flügelschlag erkennen. Ein wahrlich beeindruckendes Schauspiel. Wir üben uns danach noch eine knappe Stunde in Geduld, aber heute gibt‘s keine weiteren Auflüge mehr. Gut, dass der Mensch noch keine Kondor-Flüge auf Knopfdruck (und gegen Trinkgeld) bestellen kann.

Wir fahren danach langsam zurück Richtung Chivay und besuchen unterwegs das kleine Dorf Maca. Eigentlich nicht ein besonders spektakulärer Ort, die weissgetünchte Kirche mit der schönen vergoldeten Holzkunst im Innern ist aber immerhin einen Abstecher wert. Vor der Kirche gibt es die üblichen Touristenstände, wo den gehetzten Gringos  allerhand Ramsch angedreht wird. Ein willkommener Zusatzverdienst für ein paar Familien.

Nach dem Mittagessen geht es zurück nach Arequipa. In 45 Minuten erklimmen wir die 1300m Höhenmeter bis zum Patapampa-Pass. Da die Luft zur frühen Nachmittagszeit wieder zu wenig klar ist, sehen wir zwar den beeindruckenden Kranz der Vulkane und der anderen imposanten Berge rundum, für Fotos gibt die Aussicht aber erneut nicht so viel her. Auf der auf rund 3800m hoch gelegenen weiten, kargen Pampa Cañahuas kommen wir wieder an unzähligen Lama- und Alpakaherden (häufig auch gemischt) vorbei. Sie sind vor allem in den feuchteren, hochmoorartigen Bereichen zu finden. Die Vicuñas  sind weniger zahlreich, sind in Gruppen bis 15 Tieren anzutreffen und vermischen sich nicht mit ihren Nutztierkollegen.

Mitte des Nachmittags kommen wir nach genau 3 Stunden Fahrt in die Außenbezirke von Arequipa, ab hier verläuft der Verkehr wie gestern morgen sehr zäh.

Mittwoch, 1.11.2017: Cusco

 

Erneut müssen wir früh aus den Federn, da unser Flug nach Cusco bereits um 08:40 startet. Wir überfliegen das karge Hochland, in der Ferne sehen wir ein paar Schneespitzen. Je weiter  wir nach Norden kommen, umso mehr verdichtet sich die Bewölkung. Nach einem Anflug mitten zwischen den Berggipfeln landen wir bereits nach 45’ Flugzeit auf dem Flughafen von Cusco.

Unser Hotel ist ein wunderschönes, altes Kolonialhaus, wenige Fussminuten oberhalb der Plaza Mayor. Bald nach Ankunft zotteln wir los, um das Zentrum ein erstes Mal zu erkunden. Wir sind definitiv nicht alleine, im ganzen Zentrum wimmelt es nur so von Touristen. Nach einer Runde bei der eindrücklichen Plaza Mayor machen wir noch einen Abstecher zum lokalen Markt bei der Bahnstation San Pedro. Wir erstehen ein paar Nüsse, einen Allerheiligen-Kuchen und geniessen bei einem der vielen Saftstände einen frisch gepressten Fruchtsaft. Auf dem Rückweg zum Hotel gibt es zwar ein paar Regentropfen, für heute bleiben es aber die einzigen.

Am Nachmittag unternehmen wir eine Stadtbesichtigung mit Michael, unserem neuen Führer, der ein in den 80er Jahren ausgewanderter Deutscher ist. Wir besuchen zuerst die Kathedrale am Hauptplatz und dann den früheren Sonnentempel Qoricancha (auf dem die Spanier das Dominikanerkloster Santo Domingo gebaut haben). Die Präzision, mit der lange vor der Inka-Zeit die Mauersteine des Tempels bearbeitet und zusammengefügt wurden, ist unglaublich. Keine Rasierklinge hätte zwischen 2 Steinen Platz! Danach geht es zur hoch über der Stadt gelegenen Ruine Saqsayhuaman. Der Zweck dieser riesigen Anlage ist heute immer noch Gegenstand von Diskussionen: die Interpretationen gehen von einer Festungsanlage der Inkas über eine Kultanlage aus Prä-Inka-Zeiten bis hin zu abenteuerlichen Deutungen esoterischer Art. So oder so ist der Eindruck gigantisch, insbesondere erneut die Präzision der Bearbeitung und Zusammenfügung der schweren Steine. So verfliegt der Nachmittag im Nu und es ist bereits dunkel, als wir ins Hotel zurückkehren.

Donnerstag, 2.11.2017: Misminay

 

Zu christlichen Zeiten verlassen wir Cusco und erklimmen aus dem Kessel heraus die Hochebene, auf der wir in knapp zwei Stunden zum Bauerndorf Misminay fahren. Immer wieder wechselt die Perspektive auf die Ebene und die umliegenden Berge und etwas nördlich von Chinchero haben wir einen wunderbaren Blick auf das grüne Urubamba-Tal (resp. Valle Sagrado) und die Ortschaft Huayabamba. Unser Ziel Misminay liegt leicht erhöht am Hang, auch von hier aus ist der Ausblick genial.

Wir werden beim Dorfeingang von unserer Gastfamilie empfangen und unter musikalischer Begleitung zu deren Haus gebracht, wo wir die nächsten 24 Stunden verbringen dürfen. Wir erhalten danach Einblicke in die landwirtschaftliche Arbeit, die noch buchstäblich ein “Hand”-Werk ist. Zu Beginn jeder Feldarbeit wird Mutter Erde um Unterstützung gebeten und auch die heiligen Berge im Umkreis werden um ihre Gunst gefragt. Die Erde bekommt ein paar Tropfen vom lokalen Maisbier Chicha, der Rest ist für die Bauern und heute auch für uns. Nach dem Mittagessen mit viel Kartoffeln erklärt man uns die Produktion von Wolle und den daraus gewobenen Stoffe. Fast ausschliesslich kommt Schafwolle zum Einsatz, denn Lamas und Alpakas gibt es in diesem Gebiet fast keine. Zum Waschen und Färben der Wolle kommen praktisch nur Naturprodukte zum Einsatz.

In der Mitte des Nachmittags machen wir einen Spaziergang zu den beiden Dorffriedhöfen. Dort versammelt sich am heutigen Feiertag (Allerseelen) die ganze Familie an den Gräbern ihrer Vorfahren. Die Gräber werden vom Unkraut befreit und feierlich mit Blumen und allerhand Kitsch geschmückt. Danach wird bei den Vorfahren mit sehr viel Chicha gefeiert. Die Stimmung ähnelt in keiner Weise derjenigen unserer Friedhöfe, vielmehr findet hier eine fröhliche Party statt. Alle kennen sich und in der einen oder anderen Linie sind auch fast alle irgendwie miteinander verwandt. Auf dem Heimweg zu unserem Dorf werden wir noch ein wenig vom Regen geduscht, aber der Niederschlag ist auch schon bald wieder vorüber.

Freitag, 3.11.2017: Vom Hochland in den Regenwald

 

Nach einer kühlen Nacht (mit eisigen Füssen) sind wir für die wärmende Sonne dankbar. Wir geniessen ein ausführliches Frühstück inkl. Pop Corn und unternehmen danach einen Spaziergang durch das Dorf Misminay. Nach einer guten halben Stunde kommen wir zu einem tollen Mirador (Aussichtspunkt), von dem aus wir eine wunderbare Sicht über das ganze Hochplateau haben. Direkt unter uns liegt die Terrassen-Anlage von Moray, die den Inka möglicherweise als Agrarversuchsfeld gedient hat. Auf den kreisrunden Terrassen-Feldern, die in drei natürlichen Dolinen erstellt wurden, herrscht auf jeder Höhe ein leicht unterschiedliches Mikroklima, das offenbar die Anpassung von Pflanzen an andere Klimabedingungen ermöglichte. Nachdem wir wieder im Dorf zurück sind, verabschieden wir uns von unserer Gastfamilie und fahren ins heilige Tal hinunter nach Urubamba (immerhin etwa 1000m tiefer als Misminay) und von da aus weiter nach Ollantaytambo.

Dort steigen wir nach einem kurzen Mittagessen am Hauptplatz in unseren Zug. Entlang des Urubamba-Flusses, einem der beiden Quellflüsse des Amazonas, fahren wir in einem überraschend komfortablen Zug mit super Aussicht immer tiefer in den Nebelwald hinein. Kurz nach dem Bahnhof hört die letzte Schotterpiste auf, das Tal weiter unten kann nur noch per Bahn erreicht werden. Nach ca. 90 Minuten kommen wir nach Aguas Calientes. Es herrscht ein unglaublicher Touristenrummel, man hat das Gefühl, dass die halbe Welt hier ist. Zwischen Hunderten von Souvenir-Ständen kämpfen wir uns bei leichtem Regen zur Busstation durch, von wo aus wir über 13 Spitzkehren rund 400m höher zum Eingang der Ruinen von Machu Picchu fahren. Unser Hotel liegt unmittelbar bei der Bushaltestelle und beim Eingang zur Ruinenanlage, sodass wir morgen früh direkt vor Ort sind.

Samstag, 4.11.2017: Machu Picchu

 

Schon vor 6 Uhr werden wir durch Busse geweckt, die zu nachtschlafener Zeit Touristen von Aguas Calientes zum Eingang von Machu Picchu hochkarren. Das Wetter sieht ganz gut aus, sodass wir keinen Zwang verspüren, zu den ersten Besuchern der Anlage gehören zu müssen. Wir drehen uns also nochmals um und stürzen uns dann nach dem Frühstück ins Abenteuer. Gleich nach dem Eingang eröffnet sich ein atemberaubender Überblick über die Ruinenanlage. Über deren ursprünglicher Verwendung gibt es auch 105 Jahre nach der Entdeckung durch Hiram Bingham weiterhin nur wenig mehr als Spekulationen. Das mag erstaunen, schmälert aber das Erlebnis des Besuchs in keiner Art und Weise. Wir werden durch unseren Führer Michael in alle Details eingeweiht, sodass die Zeit wie im Flug vergeht. Wir machen auch einen kurzen Abstecher zu einer Brücke im Fels, die möglicherweise zur Inka-Zeit einen der abenteuerlichen Zugangswege abgesichert hat. Hinter der Brücke führt der Weg – für Touristen heute natürlich gesperrt - in einer mehrere hundert Meter hohen senkrechten Felswand zum nächsten Übergang. Wahrscheinlich würde einem heute bei einer Begehung das Blut in den Adern stocken.

Wir verbringen fast 5 Stunden in der Anlage, zusammen mit vielen Hunderten von Touristen. An gewissen Punkte entstehen zwar kurzfristig Staus, insgesamt hält sich aber der Dichtestress in Grenzen. Detaillierte Erläuterungen über die einzelnen Anlagenteile erspare ich mir hier und lasse die Bilder sprechen. Nach dem Mittagessen nehmen wir den Bus hinunter nach Puente Ruinas, wo wir noch einen kurzen Spaziergang entlang des Bahntrassees zu einem Engnis im Urubamba-Fluss machen. Schliesslich machen wir uns auf den Weg zurück nach Aguas Calientes. Ungefähr so sieht wohl eine Goldgräberstadt in der heutigen Zeit aus: an jeder Ecke ein Stand mit Touristen-Souvenirs (vermutlich meist von miserabler Qualität) und überall noch irgendein Hotel, das in die unmöglichsten Ecken hineingezwängt wurde: pure Abzockerei. Für uns spielt das aber keine Rolle, schliesslich sind wir nur hier, um den komfortablen Zug zu besteigen, der uns in ca. dreieinhalb Stunden nach Cusco zurückbringt. Ein gewaltiges Erlebnis liegt hinter uns, Machu Picchu wurde sicher zu Recht als eines der sieben neuen Weltwunder auserkoren.

Sonntag, 5.11.2017: Valle Sagrado

 

Heute steht ein Ausflug ins heilige Tal der Inka auf dem Programm. Wir passieren die Plaza Mayor von Cusco, wo sich ein paar hundert Soldaten gerade für eine grössere Sonntagsparade bereitmachen. Unterwegs Richtung Nordosten machen wir Halt bei einem Bauernprojekt, wo alle 4 andinen Kleinkamele inkl. Guanakos zu sehen sind. Im Laden nebenan erstehen wir ein schönes gewobenes Tuch, selbstverständlich aus rein karitativen Zwecken.

Unser nächstes Ziel ist der bei Kreti und Pleti bekannte Sonntagsmarkt von Pisac. Was vor 39 Jahren ein eindrückliches Erlebnis war, ist heute erwartungsgemäss eine reine Enttäuschung. Ein Hauptplatz voll von Souvenirständen und eine Horde von Touristen, die das noch gut finden. Von Bauernmarkt keine Spur mehr. Wir sind nach 10 Minuten wieder weg und fahren weiter durch das trotz Trockenzeit grüne Tal. Ein Dorf an der Strasse ist berühmt für seine grillierten Meerschweinchen. Für uns ist es allerdings noch etwas früh für‘s Mittagessen. In Urubamba besuchen wir den lokalen Markt, wo wir genau das Gegenteil von Pisac vorfinden: keine Souvenirs und keine Touristen, dafür alles, was der Einheimischen Herz begehrt. Hier finden wir auch das benötigte Isolierband, 1.50 Soles (50 Rappen) pro Rolle. Nun sind wir reif für ein Mittagessen und die Füsse auszuruhen tut auch ganz gut.

Als Abschluss der heutigen Rundtour besichtigen wir noch die mutmassliche Tempelanlage von Ollantaytambo. Wie bei vielen Anlagen rund um Cusco ist die ursprüngliche Verwendung der imposanten Anlage ziemlich unklar. Die Präzision der Bearbeitung der Steinblöcke ist aber genauso beeindruckend wie die Tatsache, dass diese riesigen Elemente von weit her herantransportiert wurden und zuletzt hoch auf den Hügel hinauftransportiert werden mussten. Trotz Heerscharen von Touristen und lokalen Sonntagsausflüglern ist die Besichtigung ein interessantes Erlebnis.

Gegen Abend fahren wir dann zurück nach Cusco und schiessen unterwegs noch ein paar Bilder der imposanten Landschaft im spätnachmittäglichen, warmen Licht. Am Abend holen wir im Restaurant Chicha in Cusco das Meerschweinchen-Essen nach, das wir am Mittag auslassen mussten.

Montag, 6.11.2017: Cusco - Puno

 

Wir fahren derart früh in Cusco los, dass es noch gar keinen richtigen Verkehr gibt. 390km liegen vor uns, ein richtiges Tagewerk.

Auf unserem Weg Richtung Südosten kommen wir an diversen Spezialitäten-Dörfern vorbei, so z.B. in Oropesa, wo seit Jahrhunderten das meiste Brot für den Grossraum Cusco gebacken wird. Wir machen den ersten Stop in Andahuaylillas, einem kleinen Dorf mit einem gemütlichen Hauptplatz und einer spektakulären Kirche. Von aussen ist sie äusserst schlicht, innen wird man von der goldenen Pracht fast erschlagen. Ein wichtiger Raum ist der Seitenbereich mit dem Taufstein, wo die Ureinwohner nach der Eroberung durch die Spanier zwangsweise zum Christentum bekehrt wurden (nachdem sie die dafür verlangten Abgaben geleistet hatten!). Vor der Kirche wimmelt es in den Bäumen rund um den Platz von Papageien, die sich die Bäuche mit Beeren vollschlagen und dabei einen Heidenkrach veranstalten. Eine gute Stunde später besichtigen wir dann die Ruinenanlage von Raqchi, einem weiteren Ort auf unserer Tour, über dessen ursprüngliche Funktion mehr oder weniger nur Spekulationen bestehen.

Nach dem frühen Mittagessen geht es weiter, stetig und nicht wirklich merklich bergauf Richtung Passhöhe, mehr oder weniger ständig begleitet vom Bahngeleise der Strecke Cusco – Puno. Wir passieren viele kleine Bauerndörfer und kommen in Marangani an einer ehemaligen Weberei vorbei, die nach der peruanischen Landreform schliessen musste. Die ursprüngliche Fabrikantenvilla hinterlässt einen traurigen Eindruck und die kleine Kirche nebenan steht nur noch zur Hälfte. Etwas weiter oben kündigt sich der Zug des Tages an: ca. 5´ vor ihm befährt ein kleines Schienenfahrzeug die Bahnstrecke, um die ungestörte Durchfahrt sicherzustellen. Man stelle sich das mal auf der Strecke Zürich-Bern vor! Und dann haben wir das Pièce de Résistance des heutigen Tags erreicht: den Pass Abra La Raya. Oben zeugen innerhalb von 50m zwei Tafeln von seiner Höhe: die erste nennt 4470m.ü.M., die zweite 4335m. Man hat also die Qual der Wahl.

Über die Hochebene des Altiplano geht die Reise weiter, nur unterbrochen von einem wenig erwähnenswerten Halt bei einer weiteren Ruinenanlage, die im Gegensatz zu früheren Baudenkmälern aus der Zeit Christi stammt. Das Beste an diesem Stop in Pukara ist der Espresso aus der Jura-Maschine im Dorfladen. Kurz nach 16:00 Uhr kommen wir in die Peripherie von Juliaca, einer ausgesprochen hässlichen Stadt von rund einer Viertelmillion Einwohnern. In deren Umgebung wird offensichtlich in vielen Labors Kokain hergestellt. Deshalb leuchtet ein, dass hier die Drogenmafia mehr zu sagen hat als die offizielle Regierung. Das wiederum ist der Grund, weshalb von der seit 20 Jahren im Bau befindlichen Umfahrungsstrasse seit 15 Jahren nur die Pfeiler stehen. Eine knappe Stunde später kommen wir dann buchstäblich etwas gerädert in unserem heutigen Ziel Puno am Titicacasee an.

Dienstag, 7.11.2017: Titicacasee

 

Für heute hat Condor Travel schlicht vergessen, dass wir zur Insel Amantani einen Transfer brauchen. Es ist dann ein ziemliches Theater, bis es doch noch klappt. Die für uns zuständige Betreuerin nimmt während Stunden weder Telefon noch WhatsApp entgegen, in der Zentrale in Cusco hat kein Mensch eine Ahnung und schliesslich braucht es einigen Druck sowie Unterstützung aus der Schweiz, bis es doch noch klappt. Der Bootsführer Ignacio holt uns im Hotel ab und fährt mit uns direkt von der Anlegestelle beim Hotel auf den See hinaus. Wir machen einen Halt bei den schwimmenden Uros-Inseln und besichtigen eine der vielen kleinen Siedlungen. Ein ca. 50cm dicker Unterbau aus Erdballen wird mit Pfosten im seichten Wasser verankert und darauf werden Schilfrohre in ca. drei Schichten als Boden aufgelegt. Auch die Häuser und die Boote sind aus Schilfrohr gebaut, einzig für die Kochstelle braucht es einen dicken flachen Stein, damit nicht beim ersten Mittagessen schon die ganze Insel abfackelt.

Wir verzichten auf die Fahrt im Schilfrohrboot und stechen mit unserem eigenen Schiff wieder in See. Die Überfahrt zu unserer Insel dauert rund 4 Stunden und führt uns zunächst endlos lang durch den enorm breiten Schilfgürtel am Seeufer. Danach legen wir etwas an Geschwindigkeit zu und geniessen die Fahrt aus der Bucht von Puno hinaus, an der Halbinsel Capachica vorbei und dann eine gute Stunde über das offene Wasser nach Amantani. Dort empfängt uns ein kleines Paradies: eine von aussen einfache Lodge, im lokalen Stil mit einheimischen Materialien gebaut, innen aber ausgestattet mit allen Annehmlichkeiten, die das Herz begehrt. Das Prinzip des Besitzers ist es, immer nur eine Gruppe Gäste hier zu haben und so geniessen wir unser Inselglück ungestört und in vollen Zügen. Nach dem späten Mittagessen ruhen wir aus, geniessen die Aussicht über den riesigen See bis nach Bolivien und lesen ein paar Zeilen.

Mittwoch, 8.11.2017: Amantani

 

Nach dem Frühstück mit Blick über den ganzen Titicacasee gehen wir fischen. Das heisst, wir lassen uns zu den Käfigen der Zuchtforellen rudern, drehen eine Runde um die winzige Insel in unserer Bucht und lassen zum Schluss das Netz ins Wasser, das wir morgen früh wieder einholen werden. Die Zuversicht, dass wir damit viele grosse Fische einfangen, hält sich bei allen Beteiligten in Grenzen. Dann üben wir wieder das Faulenzen und lesen, nur unterbrochen durch ein kräftigendes Mittagessen. Am Nachmittag unternimmt der Schreibende mit Simon, einem Nachbar, eine kleine Tour auf den Pachamama-Hügel, den höchsten Berg auf der Insel. Simon ist gemäss Programm der „English Speaking Guide“. Am Ende der Tour kennt er immerhin ein paar Wörter Englisch und bis dahin haben wir uns glänzend auf Spanisch unterhalten (was bei meinen Minikenntnissen auch schon eine Leistung ist).

Nach der Rückkehr besucht uns noch ein lokaler Schamane, der uns für alle möglichen Lebenssituationen Gutes wünscht. Hoffen wir, dass es nützt.

Donnerstag, 9.11.2017: Amantani - La Paz

 

Am frühen Morgen müssen wir zunächst das gestern ausgelegte Fischernetz wieder einholen. Unser Fischer Orlando ist zwar noch etwas müde und kommt deshalb eine halbe Stunde zu spät. Er wird aber schnell wach, als er zu seiner Überraschung eine ganze Menge Lachsforellen im Netz findet, darunter einen schönen Ein-Pfünder. Er ist absolut happy, noch gestern jedenfalls war die Übung aus seiner Sicht vermutlich vor allem touristischer Natur.

Nach dem Frühstück nehmen wir Abschied von unserem kleinen Paradies und es geht - wieder mit Captain Ignacio - zurück nach Puno. Diesmal hat er seine ganze Familie dabei: Mutter, Frau und Tochter, die alle in Puno shoppen gehen möchten (scheint ein weltumspannender weiblicher Drang zu sein!). Wir finden unseren Fahrer, der uns an die bolivianische Grenze bringt und ziemlich genau um 12 Uhr mittags fahren wir los. Auf der Fahrt über den Altiplano fällt uns auf, dass eine Unzahl von Häusern unvollendet ist, das Resultat fehlender finanzieller Mittel. Mitte Nachmittag erreichen wir Desaguadero, den peruanisch-bolivianischen Grenzort. Das Auto parken wir an der Plaza Principal und machen uns dann zu Fuss auf den Weg durch das Getümmel von Leuten. Fast alle schleppen irgendetwas von A nach B und wer dies nicht tut, versucht seine Waren feil zu halten. Das peruanische Ausreisebüro macht einen ziemlich guten Eindruck und zu unserer Überraschung spricht der Grenzpolizist sogar Englisch. Auf der bolivianischen Seite ist das Ganze schon eher etwas rustikal, aber schliesslich schaffen wir die bürokratischen Einreisehürden mit Bravour.

Wir haben nun einen neuen Fahrer, der uns in gut zwei Stunden nach La Paz fährt. Unterwegs haben wir eine prächtige Aussicht auf die Cordillera Real mit ihren schneebedeckten Sechstausendern. Zeitweise weht ein starker Seitenwind und kurzzeitig regnet es. Der erste Eindruck von Bolivien überrascht uns etwas, denn entgegen aller Beschreibungen machen uns die Dörfer einen geordneteren Eindruck als auf der peruanischen Seite. Bei unserer Ankunft in El Alto, der riesigen Vorstadt von La Paz auf dem Hochplateau wälzen wir uns rund um den Flughafen durch das Feierabendgewühl. Dann sind wir plötzlich am Rand des Hochplateaus und sehen hinunter in den Kessel, in dem sich La Paz zwischen 3200m und 4100m erstreckt. Echt faszinierend und in dieser Art wohl einzigartig auf der Welt! Nach gefühlten tausend Kurven kommen wir um ca. 18:30 bolivianischer Zeit (+ 1 Stunde zu Peru) zu unserem Hotel.

Freitag, 10.11.2017: La Paz

 

Mitten in der morgendlichen Rush-Hour kämpfen wir uns von unserem Hotel, das ganz im Süden und rund 400 Höhenmeter tiefer als das Stadtzentrum liegt, hinauf ins Zentrum. Auf einem Mirador gewinnen wir einen guten Überblick über die Stadt mit allen Verästelungen nach oben, unten und zur Seite. Diverse kleinere und grössere Täler kommen in diesem Kessel zusammen. Man kann sich kaum einen Meter bewegen, ohne hinauf oder hinunter zu gehen. Die Höhendifferenz zwischen dem höchsten und dem tiefsten Punkt beträgt mehr als 1000m. Wir bummeln durch die koloniale Altstadt und laufen nach der Besichtigung der Kathedrale neben dem Regierungspalast noch in die letzten Vorbereitungen eines Staatsbesuchs des Präsidenten von Panama bei Evo Morales hinein. Es geht alles ziemlich locker zu und her, von Sicherheit ist nicht viel zu sehen und die Ehrengarde ist nur mässig ausgerichtet. Da wir überzeugt sind, dass die beiden Politiker auch ohne uns klar kommen, setzen wir unsere Stadtbesichtigung auf ein paar der vielen stark belebten Märkte von La Paz fort.

Die Regierung ist daran, den Verkehr durch ein Netz von Gondelbahnen zu entlasten; bei dieser Topografie eine sehr gute Idee. Für uns ist dieser Verkehrsträger vor allem interessant, weil wir dadurch noch einen sehr viel besseren Überblick bekommen. Wir gondeln bis zum höchsten Punkt (El Alto) hinauf und überwinden beim Rückweg die enorme Höhendifferenz bis zum Stadtteil, wo wir untergebracht sind, ganz locker. Nach einer Mittagspause mit Salteñas, einer lokalen Krapfenart, besuchen wir noch das ganz im Süden liegende Mondtal mit seinen zum Teil bizarren Sandsteinformen (nicht der grösste Brüller auf unserer Reise).

Samstag, 11.11.2017: La Paz - Uyuni

 

Nach einem absolut lukullischen Nachtessen im Restaurant Gustu ganz in der Nähe unseres Hotels müssen wir wieder einmal zu nachtschlafener Stunde aus den Federn. Das schaffen wir, der Typ beim Check-Out im Hotel scheint aber mehr Mühe mit Aufstehen gehabt zu haben. Jedenfalls braucht er mehr als 15 Minuten, bis wir unsere Rechnung bezahlen können. Wir sind erstaunlicherweise bereits in einer guten halben Stunde auf dem Flughafen, in La Paz steht offensichtlich am Samstag Morgen niemand gerne früh auf. Ein kurzer Flug bringt uns rund 400km in den Süden nach Uyuni, einer kleinen Stadt am Rande der Salzwüste.

Wir besuchen zuerst den Lokomotiven-Friedhof, ein absoluter Hammer, wenn man Eisenschrott einen gewissen Sex-Appeal abgewinnen kann. Jedenfalls lacht das Herz des Fotografen. Nach einem wunderbaren, frisch gepressten Orangensaft von Julio kaufen wir am Stadtrand direkt vom Lastwagen noch einen Kofferraum voll Früchte ein, besuchen den Indigena-Markt im Zentrum und machen uns dann auf den Weg Richtung Norden zur Salzwüste.

Wir machen einen Abstecher zur kleinen Salzverarbeitungswerkstatt von Juanito und brettern dann über die Piste hinaus in die Salzlandschaft. Alles ist topfeben, der Farbkontrast zwischen dem blauen Himmel und dem Weiss der Wüste sieht super aus. Diese ist entstanden, weil der ursprünglich riesige See im Laufe der Jahrmillionen austrocknete und abflusslose Salare übrig blieben. Am frühen Nachmittag erreichen wir unser Lager für die nächsten zwei Tage, ein Camper mitten in der Wüste. Wir bekommen ein Châteaubriand zum Mittagessen, machen danach ein wenig Siesta und brechen dann zur Nachmittagstour auf. Diese bringt uns ein Stück weit zum Vulkan Tunupa hinauf, wo wir den Blick über den riesigen Salar (160km lang und 135 km breit) schweifen lassen und eine kleine Höhle mit 2500 Jahre alten Mumien besuchen. Danach geht es wieder den Berg hinunter. Am Rande eines kleinen Wassertümpels beobachten wir eine Gruppe von Flamingos und lassen uns um ca. 18:30 vom Sonnenuntergang verzaubern. Zurück bei unserem Camper gibt es einen stilvollen Freiluft-Apéro am Holzfeuer. Rechtzeitig mit dem einsetzenden Wind und der Nachtkälte zügeln wir nach drinnen und geniessen Pollo à la Plancha, zubereitet vom Koch Isaac. In der Nacht ist der Blick in den Sternenhimmel atemberaubend, wir sind allerdings froh, dass wir in der Wärme schlafen können.

Sonntag, 12.11.2017: Salar de Tunupa

 

Nach einem gemütlichen Frühstück in unserem Camper steuern wir die Isla Incahuasi an. Mit mehr als 100km/h brettern wir südwärts über die topfebene Salzfläche bis wir nach etwa 42km wieder auf einen Flecken mit Leben stossen. Incahuasi ist mit Kakteen übersät, der älteste darunter ist bald 1000 Jahre alt. Irgendein Wahnsinniger hat sich vor ein paar Jahren zum Ziel gesetzt, die Kakteen auf der Insel zu zählen und ist dabei auf mehr als 6500 Stück gekommen. Für uns zählt eher die Pracht der Kaktusblüten, die vielen Formen und natürlich die spektakuläre Aussicht über den riesigen Salzsee. Wir kraxeln dafür tüchtig auf den höchsten Punkt. Danach preschen wir nach Osten, wo unser Fahrer Löcher in der Salzkruste kennt, bei denen man schöne Salzkristalle aus dem Wasser herausholen kann.
Die Entstehung des Salars beruht nach einer alten Sage darauf, dass sich die Vulkane Sajama und Bella Tunupa ineinander verliebten und Tunupa schwanger wurde. Sajama war ein Kind aber zu mühsam und er verliess Tunupa. Diese setzte sich an der heutigen Stelle nieder und weinte so sehr, dass sie ihr Kind verlor. Ihre Milch verfloss in der ganzen Ebene vor ihr und machte die Gegend zum heutigen weissen Salar.

Um eben diesen Vulkan Tunupa kurven wir nach der Mittagssiesta, fahren durch das Tal der Winde und besuchen dann eine kleine, aber sehr eindrückliche Höhle mit versteinerten Algen, die so fein wie Papier sind. Vor dem abendlichen Gin Tonic drehen wir nochmals ein paar Kurven in der Salzwüste, zunächst bei einer Salz-Abbaustelle und dann an einer kleinen Wasserstelle mit Flamingos und Sonnenuntergang.

Montag, 13.11.2017: Uyuni - San Pedro de Atacama

 

Heute steht uns eine ziemliche Monsteretappe bevor: rund 500 Autokilometer, zumeist auf Schotterpisten, erwarten uns. Zunächst geht es auf der Salzwüste genau Richtung Süden, immer querfeldein. Es fährt sich fast so ruhig wie auf einer geteerten Strasse, nur ohne Verkehrssignale, Strassenschilder und auch ohne Verkehr. Nach einer Stunde bezahlen wir das erste Mal an einer behelfsmässigen Schranke eine Art Strassenzoll, wofür ist nicht restlos klar. Dann kommen wir in eine regelrechte Geister-Ortschaft. Eigentlich gibt es alles, was ein Dorf braucht, inklusive Bahnhof und Schule, nur sehen wir keine Leute, die hier wohnen. Ein gewaltiger Güterzug, vielleicht der einzige, der in dieser Woche hier durchfährt, hält beim Bahnhof an. Warum? Der Lokomotivführer holt sich im Dorfspunten gleich neben den Gleisen zwei Cola!

Nun werden die Strassen zunehmend schlechter, wenn man überhaupt noch von Strassen sprechen kann. Wir kommen auf unserem Weg Richtung Süden an bizarren Steinformationen im Valle de las Rocas vorbei, zwischendurch auch wieder mal an einem Strassenzoll (siehe oben). Das Mittagessen besteht aus Sandwiches, die uns unser Koch Ignaz mitgegeben hat. Wir essen sie in Villa Mar am Strassenrand, mehr oder weniger mitten in einer Lamaherde. Villa Mar ist zwar auf der Karte eingezeichnet, von einem Dorf ist allerdings nicht viel zu sehen. Es erinnert mehr an eine alte Pferdewechselstation.

Nach vielen weiteren Holperkilometern kommen wir an die Laguna Colorada. Wie es der Name sagt, spielen hier viele Farben zusammen. Insbesondere bemerkenswert ist die Rotfärbung im Wasser, die je nach Quelle von Algen, Bakterien oder von kupferhaltigen Mineralien stammt (und jede Quelle schreibt ihre Interpretation im gleichen Brustton der Überzeugung!). Uns lässt es ziemlich kalt, es sieht einfach wunderschön aus. Umwerfend ist auch die riesige Anzahl von Flamingos, die den extrem flachen See bevölkern. Dieser liegt auf etwas mehr als 4200 Meter, aber es geht noch weiter hinauf. Auf einer spektakulären Hochlandpiste erklimmen wir zwischen Vulkanen und Steppe auf fast 5000 Meter und kommen dabei auch an munter blubbernden und rauchenden Geysiren vorbei. Kurz geht es nochmals einige hundert Meter hinunter an die Laguna Verde, die im Abendlicht allerdings nicht sehr grün erscheint, bevor wir dann an die bolivianisch-chilenische Grenze kommen. Sie besteht aus einer windschiefen Hütte, die von 2 bolivianischen Grenzbeamten besetzt ist. Die Chilenen kommen erst gar nicht bis hier hinauf. Einer der beiden Bolivianer ist der Bruder unseres Fahrers, sodass die Formalitäten eigentlich nichtexistent sind. Hier verabschieden wir uns von unseren bolivianischen Wegbegleitern und wechseln das Fahrzeug. Danach fahren wir auf einer erfrischend guten Strasse kontinuierlich den Berg hinunter, vernichten dabei etwa 2000 Höhenmeter und kommen nach etwa 45 Minuten nach San Pedro de Atacama. Erst hier erfolgt die eigentliche Einreise nach Chile. Das Ganze macht zwar einen etwas hemdsärmeligen Eindruck, dennoch werden alle unsere Gepäckstücke minutiös durchsucht und sogar gescannt. Wahrscheinlich ist dies eine Beschäftigungstherapie für nicht ausgelastete Grenzbeamte. Fast 12 Stunden nach unserer Abfahrt in der Salzwüste von Uyuni kommen wir schliesslich ziemlich durchgeschüttelt und müde in unser Hotel.

Dienstag, 14.11.2017: Salar de Atacama

Die Story vom heutigen Tag ist schnell erzählt. Zuerst Flamingos inmitten einer Horde von Touristen. Nett, aber die Laguna Colorada ist halt nicht zu schlagen. Trotzdem war das leider schon der Höhepunkt des Tags.

Danach fahren wir zu einem Dorf, dessen Männer in der Salzmine arbeiten und die Frauen theoretisch rund um das Dorf Landwirtschaft betreiben. Da die Gemeinde aber die Wasserrechte an die Salzmine verkauft hat, gibt es halt kein Wasser mehr für die Landwirtschaft. In zwei Worten: tote Hose. Übrigens ist geplant, in diesem Kaff demnächst einen Gemeinde-Fremdenführer anzustellen, der dann mit lokaler Detailkenntnis den Besuchern erläutern wird, dass es hier wirklich nichts zu sehen gibt.

Wir fahren noch weiter Richtung Süden, um zu schauen, wo die Bewohner des gleichen Dorfs heute tatsächlich Landwirtschaft betreiben. Weder der Fahrer noch der Guide finden allerdings die Zufahrt, sodass wir nur aus einiger Distanz feststellen können, dass es auch hier weder Früchte noch Gemüse gibt. Man könnte zwar z.B. wie die bolivianischen Bauern im Hochland Quinoa anbauen, nur lohnt sich das im Vergleich zu den Einkünften aus der Salzmine nicht. Anschliessend: zweites Dorf, gleiche Story wie im ersten (nur dass hier auf dem Wegweiser steht: Camar, pittoreskes Dorf). Im dritten Dorf ist der Unterschied, dass es dort Mittagessen gibt.

Dann geht es zurück nach San Pedro, wo die Übung nach einem guten halben Tag zu Ende ist.

Mittwoch, 15.11.2017: Regenbogen- und Mondtal

 

Wir sind nach dem gestrigen Flop gespannt wie es heute weiter geht. Am Morgen fahren wir aus San Pedro hinaus Richtung Calama. Bald geht es ziemlich tüchtig in die Höhe und im Nu haben wir wieder 1000 Höhenmeter gewonnen. Unterwegs kommen wir an einer kleinen Guanako-Herde vorbei. Diese Tiere haben wir bislang kaum gesehen. Auch wilde Esel sind unterwegs, diese wurden vor rund 30-40 Jahren ausgewildert, als sie in dieser Gegend durch das Auto als Transportmittel ersetzt wurden.

Das Regenbogental ist absolut spektakulär, aufgrund der verschiedenen Mineralien Kupfer, Lehm, Schwefel, Glimmer, Gips und Borax leuchtet es in fast allen Regenbogenfarben. Das gelbe Andengras und der stahlblaue Himmel ergänzen die Palette. Wir werden am Ende des Spaziergangs mit einem zweiten Frühstück verwöhnt. Dann geht es zurück nach San Pedro, vorbei an eingezäunten Minenfeldern, die noch aus der Pinochet-Zeit stammen und die (mañana?) irgendwann geräumt werden sollen. Im Hotel halten wir eine gemütliche Siesta am Pool ab, bis wir wieder zur Nachmittagstour aufbrechen.

 

Der Weg durch die schmalen Gassen von San Pedro ist ziemlich verstopft, mehrfach blockieren Kleinbusse den Weg, weil sie Touristen für die Nachmittagstouren aufladen. Nur gut, dass nicht alle das gleiche Ziel wie wir haben. Dennoch ist der Andrang im Mondtal ziemlich hoch, unser Führer Emilio hat aber eine gute Nase, wann wir am besten wo sind, um nicht von anderen Touristen zertrampelt zu werden. Die Landschaft ist extrem eindrücklich. Die Bezeichnung Mondtal geht auf einen Priester zurück, der in den 6oer Jahren das Gebiet mit seiner Vorstellung von der Mondlandschaft verglich. Wir halten an diversen Punkten und machen ein paar kleine Fussmärsche, unter anderem auf eine grosse Düne, von der aus man einen sensationellen Blick über den Grossteil des Tals hat. Wir fahren dann noch zu zwei Aussichtspunkten ausserhalb des Tals, von wo aus die Aussicht nicht weniger toll ist. Zum Abschluss des Tags gibt es einen gepflegten Snack mit Rotwein und Sonnenuntergang und prächtigem Blick auf die Vulkankette rings um die Atacama-Ebene.

Zum Nachtessen gehen wir wie gestern in die Ortsmitte. Es gibt dort diverse gute, aber auch verhältnismäßig teure Restaurants. Insgesamt ist der Rummel im Dorf derart gross, dass vom ursprünglichen Charakter von San Pedro wohl nicht mehr viel übrig geblieben ist.

Donnerstag, 16.11.2017: San Pedro - Santiago de Chile

 

Wir schlafen heute für einmal aus, denn eigentlich hat man uns einen viel zu späten Flug gebucht (es gäbe an diesem Tag noch 13 andere Direktflüge nach Santiago). Auf der Fahrt zum Flugplatz haben wir eine nette Führerin bei uns, nur leider hat sie auf unsere Fragen kaum Antworten. So bleibt z.B. unklar, wie der Strom (“von der Küste her”) für San Pedro produziert wird, ebenso wie viele Arbeiter in der grössten Kupfermine von Chile bei Calama arbeiten usw. Klar wird einzig, dass neben dem Wasser auch der Strom in San Pedro immer knapper wird und dass die Lücke mit Stromgeneratoren auf Dieselbasis gedeckt wird. Sonnen- und Windenergie ist in diesem Ort mit viel Wind und 350 Sonnentagen im Jahr offensichtlich kein Thema (Kosten für Diesel: 1 EUR/Liter!).

In einem total vollen Flieger starten wir rumplig und landen noch rumpliger (2 Paul). Unser Hotel liegt mitten im Zentrum. Es ist zwar etwas mühsam, um im Feierabendverkehr dorthin zu kommen, aber ansonsten ist es ideal gelegen. Zu Beginn des chilenischen Sommers pulsiert das Leben in der Innenstadt förmlich und wir genießen mittendrin einen gemütlichen Abend in einem hervorragenden einheimischen Lokal.

Freitag, 17.11.2017: Santiago de Chile

 

Heute ist unser letzter Tag vor der Heimreise. Auf der Stadtbesichtigung steigen wir zuerst auf den Cerro Santa Lucia, von dem aus wir einen ersten Überblick über das Stadtzentrum gewinnen. Auf diesem Hügel wurde ursprünglich die Stadt durch die Spanier gegründet, vor allem weil dieser ein wichtiger Versammlungs- und Kultort der Mapuche, der damaligen einheimischen Bevölkerung, war. Dann geht’s wieder hinunter in die Stadt, wo wir gerade rechtzeitig zur wenig spektakulären Wachablösung beim Innenministerium kommen. Das Gebäude war von den Spaniern als Münzstätte gebaut worden und diente bis zum Militärputsch von Pinochet als Sitz des Präsidenten. Auf unserem Streifzug durch die grosse Fußgängerzone kommen wir anschliessend bei der Börse vorbei und gehen weiter zur Plaza de Armas. Rund um den heute sehr grünen Platz stehen diverse Gebäude aus der Kolonialzeit, ebenso die Kathedrale, die aber aus irgendwelchen Gründen im Moment geschlossen ist. Danach geht’s weiter zum Zentralmarkt, einer etwa 150 Jahre alten grossen Metallbauhalle, die in Schottland produziert und hier montiert wurde. Zuletzt fahren wir noch auf den Cerro San Cristobal, von dem aus wir nochmals eine gute Sicht über die 7 Millionen-Stadt bekommen. Hier hinauf führen auch eine Standseilbahn von Süden her und eine Gondelbahn von Nordosten her. Vor allem an den Wochenenden ist der grosse Park sehr beliebt und belebt. Am Nachmittag unternehmen wir nochmals einen Bummel durch die Innenstadt rund um die Plaza de Armas, wo gerade eine Polizeiband mit etwas viel Bass die Bevölkerung unterhält.